„Novice“ über Windische und die Kärntner Windischen
Windische: Wenn jemand nicht sein will, was er ist …“
Der seinerzeit sachbezogene Begriff „Windisch“ für „Slowenisch“ hat durch die deutschnationale Politik und ihre Helfershelfer und Ideologen vor allem in Kärnten einen antislowenischen Beiklang bekommen und diesen auch beibehalten.
Klagenfurt – Am 20. Oktober 2012 wurde beim Toplicar auf dem Tanzenberg bei Köttmannsdorf der Verein der Kärntner Windischen gegründet, dem der Gailtaler Oswald Oman aus Dreulach vorsteht. Vizeobmann ist der Rosentaler Albin Petschnig aus Maria Elend, vulgo Mežnar, Schriftführerin ist die Jauntalerin Ursula Polesnig aus St. Peter am Wallersberg. Im Vorstand sitzen noch Fritz Döpper, sein Vize ist Alois Mlakar (beide aus Köttmannsdorf) sowie Dieter Fleiß aus Kühnsdorf.
Im Folder, den unter anderem der Fürstenstein im Wappen mit den Farben der Kärntner Fahne und das Kreuz der Abwehrkämpfer zieren, wird der Zweck des Vereins damit beschrieben, dass „ursprüngliche einheimische Kulturen und zahlreiche Formen der Umgangssprache der Windischen“ erhalten werden sollen. Die Rede ist auch von ihrer Auffassung von Kultur und dass Windisch eine ursprüngliche Familien- und Haussprache „der einfachen Leute in Südkärnten“ im Jauntal, im Rosental und im Gailtal sei. Im Folder heißt es, dass das Standardslowenisch neueren Ursprungs sei und dass die Sprache, welche die Kärntner Slowenen als Amtssprache fordern, bis vor kurzem auch im Stammland Slowenien nicht als Amtssprache erlaubt gewesen sei. Sie distanzieren sich entschieden von den Kärntner Slowenen.
Um etwas mehr über den Verein und seine Tätigkeit zur Erhaltung des „Windischen“, also des slowenischen dialektalen Reichtums in Kärnten zu erfahren, sprachen wir mit dem Obmann Oswald Oman und der Schriftführerin Ursula Polesnig. Das Gespräch fand auf Deutsch statt, da beide es ablehnten, in der slowenischen Variante „Windisch“ zu sprechen, da sie Slowenisch nicht verstünden. Slowenisch würden nur Leute sprechen, die diese Sprache in der Schule gelernt hätten, die anderen Menschen würden „Windisch“ sprechen, das ein slowenischer Dialekt sei. Beide haben ihre Kinder das Slowenische bzw. ihren Dialekt nicht gelehrt.
Es ist eine Tatsache, dass das Slowenische das Wort „Windisch“ nicht kennt. Der deutsche Begriff „Windisch“ ist nichts anderes als der entsprechende slowenische dialektale Ausdruck „svaveje“. Oman merkt an, dass er mit seinen Nachbarn „svaveje“ spricht. Da die Windischen keine Slowenen sein wollen, darf auch die Sprache offenbar nicht das Geringste mit dem Slowenischen gemeinsam haben. Sie sagen, dass es eine künstliche und neue Standardsprache sei. Die slowenischen Dialekte zumindest in Kärnten gehören ihrer Meinung nach zum „Windischen“.
Für den Rückgang des Slowenischen in Kärnten und damit auch des „Windischen“ sind ihrer Meinung nach beide Seiten verantwortlich, am meisten jedoch die Slowenen, die sich der Windischen bemächtigt hätten und sie dazu zählten. Die deutsche Seite sei während der Zeit des Nationalsozialismus daran schuld gewesen, dass „man uns Windische als Slowenen betrachtet hat, was wir nicht sein wollten.“ „Wenn wir nach Villach oder St. Michael kamen, beschimpfte man uns als Slowenen“, sagt Oman. Die slowenischen Geistlichen sollen daran schuld sein, dass sich eine windische Schriftsprache nicht entwickeln konnte, da sie die Liturgie auf Slowenisch abhielten. Darüber hinaus seien alle Dokumente deutsch gewesen.
Oswald Oman ist Mitglied des Kärntner Abwehrkämpferbundes KAB, jedoch nicht der Verein, obwohl die Mehrheit der Mitglieder auch bei den Abwehrkämpfern ist. Der Verein bedient sich ähnlicher, wenn nicht gleicher Symbole wie die Slowenen und würde gerne ein Büchlein mit Dialektworten herausgeben, die jedoch auf deutsch geschrieben werden (zum Beispiel: es wird „tscholei“, das slowenische Dialektwort für Kalb, geschrieben anstelle von „čolej“) Am Ende des interessanten Gesprächs betonten die Vertreter des Windischen-Vereins, dass sie keine Volksgruppe sind und sein wollen und dass der Slowenisch-Unterricht kein Sprachunterricht, sondern ein nationaler Unterricht sei, den viele Lehrer für politische Zwecke missbrauchen. Zugleich betonten sie die Bedeutung der Kenntnis von Sprachen und dass die Jugend offener ist als die Erwachsenen.
Sie grenzen sich scharf ab vom Verband der Kärntner Windischen, dem Hans Filley vorsteht. Sie meinen, dass der Verein ein Familienunternehmen sei, mit dem sie nichts zu tun haben möchten, „da diese nicht einmal Windische seien“.
Franc Wakounig
„Schlag nach bei Christian Morgenstern“, wäre eine von vielen Antworten des einen oder anderen Kärntner Windischen, dem jemand unterstellen wollte, dass er nicht sein wolle, was er ist („Vindišarji: Ko nekdo hoče biti, kar je …, siehe Novice“).
Dem ist aber nicht so.
Die Windischen in Kärnten wollen das sein und bleiben, was sie sind. Frei von politischen Zwängen eine noch immer nicht zu übersehende Bevölkerungsgruppe, die sich um den Erhalt jenes Teils der seit Jahrhunderten in ihrer Heimat bestehenden Sprachkultur bemüht, die sprachwissenschaftlich zwar keine Sprache sein kann, als Umgangssprache aber die Bezeichnung WINDISCH hat. Jahrhundertealte schriftliche Aufzeichnungen weisen darauf hin, dass WINDISCH eine von ungezählten Umgangssprachen ist, die man der südslawischen Sprachenfamilie zuordnen kann. Aus diesen Umgangssprachen ist erst Mitte des 16. Jahrhunderts, beginnend mit dem Reformator Primož Trubar und ausgehend von Nürnberg/Deutschland, die slowenische Hochsprache entstanden. Und erst in deren Gefolge viel später der Staat Slowenien.
Wie Martin Luther wusste auch Primož Trubar, dass seine Bestrebung, den protestantischen Glauben zu verbreiten, nur Erfolg haben würde, wenn in seiner Krainer Heimat und darüber hinaus an Stelle der über 37 windischen, regional und lokal unterschiedlichen Mundarten (Dialekte) eine einheitliche Sprache gesprochen und eine Alphabetisierung stattfinden würde. Nicht zuletzt hat er mit seinem ersten gedruckten Werk, dem „Cathehismus in der Windischenn Sprach“ die ersten Schritte zur Verbreitung des protestantischen Glaubens bei seinen Landsleuten gesetzt.
Nur am Rande vermerkt: Unterzieht man sich der Mühe und „googelt“ im Internet unter dem Suchargument „Albrecht Dürer, Windisch“, so findet man dort ein im Besitz des British Museum London befindliches Frauenporträt, das von Dürer mit „Una Vilana Windisch, 1505“ signiert ist.
WINDISCH als Wort und Begriff ist schon über Jahrhunderte belegt. Als Kärntner Windischer rätselt man deshalb, warum das Wort in der slowenischen Hochsprache in dem 2009 neu bearbeiteten PONS, der als „Kompaktwörterbuch SLOWENISCH“ rund 140.000 Wörter und Redewendungen umfasst, nicht vorkommt. Fragt man nach dem Grund dafür, bekommt man wie zum Beispiel im Gespräch mit dem freien Mitarbeiter von Novice die ausweichende Antwort, weil es WINDISCH nicht gebe. Nach Christian Morgenstern, Palmström – Die unmögliche Tatsache „schließt man messerscharf, weil nicht sein kann, was nicht sein darf“; nämlich WINDISCH.
Im Gegensatz zu dem soeben Gesagten und zur überschriftlichen Unterstellung in der Reportage von Novice darf aus der Sicht des Vereins der Kärntner Windischen jeder WINDISCHE das sein, was er sein will. Ein WINDISCHER verspürt nur dort ein Unbehagen, wo ihn viele Kärntner Slowenen abwertend in einer bestimmten politischen Ecke sehen wollen, selbst aber unter Verwendung der slowenischen Staatsfarben ihre Identität und Orientierung in Richtung Slowenien kundtun. Dem gegenüber verwenden die um ihre Identität bemühten Kärntner Windischen ein Wappen, in dem neben dem Fürstenstein die Landesfarben von Kärnten dominieren und auch die österreichischen Staatsfarben enthalten sind.
Unter Bedachtnahme auf seine Identität wird sich ein Kärntner Windischer kaum mit der inzwischen schon gängigen Behauptung anfreunden können, dass WINDISCH ein slowenischer Dialekt sei, weil seine Umgangssprache schon Jahrhunderte früher als das hochsprachliche SLOWENISCH gesprochen wurde. Die slowenische Sprache ist aus den zahlreichen windischen Umgangssprachen südslawischer Herkunft entstanden und nicht umgekehrt. Auch unter diesem Gesichtspunkt stellt der Verein der Kärntner Windischen die Existenz und die Identität der Kärntner Slowenen nicht in Frage.