Anfragen von der UNI Klagenfurt und unsere Antworte

Vorbemerkung:

Die Antworten auf den Fragenkatalog der Herren Marius Adolph & Daniel Schnur stellen eine von den Vorstandsmitgliedern des Vereins der Kärntner Windischen gemeinsam erarbeitete Stellungnahme dar.

1. Welche Rolle spielte die Identität als Windischer in Ihrer Biographie? Ab wann kam diese bei Ihnen auf?

Das Windische stellt in der Lebensgeschichte der Vorstandsmitglieder so wie auch in den Familien der Vorfahren einen wesentlichen Bestandteil dar. Mit identitätsstiftend ist seit ihrer Kindheit die vor allem im Südkärntner Raum seit Jahrhunderten verwendete windische Umgangssprache.

2. Warum kam es zur Gründung des Vereins? Worin bestehen die Beweggründe einen solchen Verein in der heutigen Zeit zu gründen, wo doch ähnliche Vereine eine längere Geschichte haben?

Zur Gründung des Vereins kam es, weil den Vorstandsmitgliedern die historische Bedeutung der windischen Umgangssprache bewusst geworden ist. Sie verdient es, bewahrt und den künftigen Generationen als Kulturgut erhalten zu werden. Weil der Begriff „ wo doch ähnliche Vereine eine längere Geschichte“ haben, die hinter der Frage stehenden Mitinteressierten erkennen lässt, hier der Versuch einer sachlichen Antwort: Mögen die Vereinsgeschichten ähnlicher Vereine älter sein als jene des Vereins der Kärntner Windischen, das autochthone, Jahrhunderte alte Kärntner Windisch kann jedenfalls auf eine weit ältere Geschichte zurückblicken als zum Beispiel das in Kärnten erst im vorigen Jahrhundert institutionalisierte Slowenisch.

3. Worin sehen Sie primär die Hauptaufgaben des Vereins? Organisierung der Mitglieder oder politisch-öffentliche Arbeit? Welche Aufgaben wurden von anderen (Heimat-)Vereinen Ihrer Meinung nach bisher unbeachtet gelassen?

Dem Verein der Kärntner Windischen geht es hauptsächlich darum, das Windische sowohl als Umgangssprache als auch als österreichisches Kulturgut am Leben zu erhalten. In Zeiten, wo man sich in vielen Kulturkreisen der Vergangenheit besinnt, wollen wir den Blick der Bevölkerung, aber auch der politisch Verantwortlichen für das Windische in der Volkskultur schärfen. Andere (Heimat-)Vereine, deren Mitglieder neben Slowenisch auch Windisch als Haussprache pflegen, beginnen sich dieser Aufgaben auffallend erst seit der Gründung des Vereins der Kärntner Windischen zu besinnen, indem man beispielsweise in Kindergärten Märchen in Windisch erzählt und aufführen lässt. Öffentlich („politisch“) zeigt sich der Verein der Kärntner Windischen zum Beispiel bei Traditionsveranstaltungen am 10. Oktober, dem Tag der Kärntner Volksabstimmung. Die mit Schautafeln der Jauntaler, Rosentaler und Gailtaler friedlich in Erscheinung getretenen Kärntner Windischen haben sich dabei auch durch das provokante Auftreten des Laibacher Fernsehens nicht aus der Ruhe bringen lassen. Der national eingestellte und nach Slowenien orientierte Rat der Kärntner Slowenen hat die Teilnahme an den neu organisierten, konsensbemühten 10.-Oktober-Feiern im Landhaushof nicht als Aufgabe erkannt.

4. Inwiefern sehen Sie Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten mit anderen (Heimat-)Vereinen und wo würden Sie hier Ihren Verein positionieren?

Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten mit anderen (Heimat-)Vereinen gehören noch nicht zum Kärntner Kulturalltag. Hier gibt es Annäherungsprobleme, die auf die Kärntner Geschichte zurück zu führen sind. Aber auch auf die medial geringschätzige, zum Teil sogar herabwürdigende Bewertung der Kärntner Windischen und ihrer Vereinsfunktionäre, denen man, was das Slowenische betrifft, von namhaften Institutionen (neben Dr. Valentin/Zdravko Inzko im Internet auch die Zeitschrift NOVICE) mangelnde Kenntnis sprachwissenschaftlicher und ethnologischer Zusammenhänge vorwarf. Der Verein der Kärntner Windischen hat sich schon zum Zeitpunkt der Gründung in der Mitte positioniert, so wie es das Quintett Smrtnik aus Bad Eisenkappel in einem Lied mit „Treff ma uns in da Mittn“ besingt.

5. Wie waren die öffentlichen Reaktionen auf die Gründung des Vereins? Wie wird der Verein aktuell gesehen und wie ordnen Sie diese Sichtweisen ein?

Die öffentlichen Reaktionen auf die Gründung des Vereins der Kärntner Windischen und die aktuellen Sichtweisen richten sich nach der jeweiligen Interessenlage. Es fällt auf, dass das Interesse sowohl auf der Seite der Befürworter als auch bei den Gegnern noch immer zunimmt.

6. Wie wird seitens des Vereins mit Angriffen bzw. Kritik gegenüber seiner Relevanz und seiner Arbeit umgegangen, die es bspw. vom Standard gab?

Der Verein der Kärntner Windischen ist bemüht, Angriffen und Kritikgegenüber seiner Relevanz und seiner Arbeit mit Gelassenheit zu begegnen. Der Sprachwissenschaftskeule, mit der die Gegner und ihre Sympathisanten das Windische nicht nur ignorieren, sondern aus dem Sprachgebrauch, wo es nur geht, entfernen wollen, begegnen wir mit dem Hinweis auf Fakten aus der Jahrhunderte alten Geschichte des Windischen. Es ist nun einmal eine Tatsache,

.) dass die letzte Kärntner Herzogseinsetzung im Jahre 1414, also vor 600 Jahren, zu einem großen Teil in der damaligen windischen Umgangssprache erfolgte,

.) dass schon Albrecht Dürer mit seiner im Besitz des Londoner Nationalmuseums befindlichen Zeichnung „Una Vilana Windisch“ im Jahr 1505 den Begriff „Windisch“ verwendete oder,

.) dass der zum Protestantismus konvertierte Krainer katholische Pfarrer Primož Trubar um 1550 einen „Catechismus in der windischen Sprach“ herausgab. Jener Primož Trubar, auf dessen Vorarbeiten aus den zahlreichen Krainer windischen Dialekten die slowenische Schrift- bzw. Hochsprache hervorgegangen ist.

Zum bspw. Hinweis auf den „Standard“ sei nur angeführt, dass diese Zeitschrift (neben anderen) auch von Mitgliedern des Vereins der Kärntner Windischen gelesen wird.

7. Während bspw. Josef Feldner vom KHD und Marjan Sturm vom Zentralverband Kärntner Slowenen gemeinsam einen Konsensweg beschreiten und Gemeinsamkeiten betonen, ist es für Sie nach wie vor von Bedeutung, Ihre Zugehörigkeit zu einer Gruppe zu betonen. Wie sehen Sie den von Feldner und Sturm erarbeiteten Konsens und welche Position ergreift Ihr Verein dazu?

Der Konsensweg, den Dr. Josef Feldner und Dr. Marjan Sturm mit den Mitstreitern einschlugen, wird in ihrem Sinn sicherlich Früchte getragen haben. Wie sich dieser Weg der Gemeinsamkeiten in Zukunft entwickeln wird und von wem er mitgetragen werden kann (z.B. Rat der Kärntner Slowenen?), wird sich zeigen. Für uns wird es interessant sein, was die Konsensgruppe auf dem Gebiet des Windischen in Kärnten tun und zulassen wird. Der Verein der Kärntner Windischen fühlt sich den Kärntner Windischen verpflichtet und will weiterhin eine selbstständige Gruppe bleiben.

8. In welcher Rolle sehen Sie Ihren Verein in Zukunft? Versuchen Sie neue Mitglieder zu gewinnen?

Der Verein der Kärntner Windischen sieht seine Rolle in erster Linie in der Erforschung des windischen Sprachguts und in der Pflege der vorhandenen windischen Volkskultur; auch mitwirkend, ohne Abschottung gegenüber anderen Gruppen. Neue Mitglieder sind jederzeit willkommen, wenn sie bereit sind, den Vereinszweck mitzutragen.

9. Wo sehen Sie die windische Identität und Sprache in Kärnten in den nächsten Jahren? Wollen Sie und Ihr Verein auf mögliche Entwicklungen Einfluss nehmen, wenn ja, wie – durch welche Aktionen? Welche Entwicklung wünschen Sie sich persönlich?

Wenn die politisch Verantwortlichen und außerhalb davon die meinungsbildenden Kulturinstitutionen in Kärnten den Weg der Interesselosigkeit am Windischen und des Negierens des Begriffes/Wortes „windisch“ aufgeben, will sich der Verein der Kärntner Windischen in jede Aktion einbringen, die dazu beiträgt, dass die windische Umgangssprache nicht untergeht. Wünschenswert wäre es, wenn sich die Entscheidungsträger an der Entwicklung der unter dem italienischen Faschismus verbotenen Mundarten „Tischlbongerisch“, „Ploderisch“ oder „Zahrisch“ orientieren würden, deren Wiederbelebung in Kulturvereinen seit einigen Jahren wieder staatlich unterstützt wird.

Wünschenswert wäre es, wenn die Slawistik Institute der Universtäten in Klagenfurt und Graz (Südsteiermark) die Umgangssprache „Windisch“ neben der sozialpsychologischen Forschungstätigkeit auch sprachwissenschaftlich erfassen und bearbeiten würden.

10. Was entgegnen Sie Kritikern, die das Windische als bloßes Konstrukt einer konfliktreichen Zeit begreifen? Wie begreifen Sie die sogenannte „Windischen-Theorie“ Martin Wuttes von 1927?

Kritiker, die das Windische als bloßes Konstrukt einer konfliktreichen Zeit begreifen, gab und gibt es hüben und drüben. Für die eine Seite sind die Windischen, verkürzt ausgedrückt, die „Slowener“, für die andere Seite die „Nemčuri/Deutschtümler“. In beiden Fällen spürt man einen gewissen Grad an Bösartigkeit oder zumindest das Unreflektierte in der Kritik, der wir emotionsfrei mit sachlichen Argumenten zu begegnen versuchen.

Die „Windischen-Theorie“ Martin Wuttes von 1927 ist die so genannte Theorie eines Wissenschaftlers, in dessen pädagogischer und publizistischer Entwicklung mehrere Phasen erkennbar sind. Auch die windische Umgangssprache wird vom Begriff „sogenannt/so genannt„ begleitet, weil ihr die Qualifikationsmerkmale einer Sprache fehlen.

Abschließende Bemerkung:

Der Verein der Kärntner Windischen hat die Antworten auf den Fragenkatalog der Herren Marius Adolph & Daniel Schnur insoweit gerne verfasst, als im Vordergrund die Interessen von Studierenden stehen. Es konnte aber nicht unentdeckt bleiben, dass die Initiative von Lehrenden und der ideologischen Klientel ausgegangen ist, die seit der Gründung des Vereins der Kärntner Windischen etwas verunsichert zu sein scheint. – Vielleicht möchte man für den Fall der Fälle eine geeignete Gegenstrategie parat haben.

Oswald Oman

Ursula Polesnig

Dieter Fleiß